Workflow in SAP ERP – gesteuert durch BPMN-Modelle

Wenn man über SAP und BPM spricht, geht es meistens um das BPMS auf Basis der Netweaver-Plattform, mit dem sich umfassende, systemübergreifende Prozesse realiseren lassen. Was häufig vergessen wird: Das ERP-System von SAP, das bei den meisten Anwendern im Einsatz ist, beinhaltet schon seit R/3-Zeiten ein BPM-System, den SAP Business Workflow. Jedes Unternehmen, das SAP ERP nutzt, verfügt damit bereits über eine leistungsfähige Process Engine, die auch nicht gesondert lizenziert werden muss. Sie eignet sich hauptsächlich für die Umsetzung von Workflows, die innerhalb eines SAP-Systems abgewickelt werden. Allerdings wird der Business Workflow vergleichsweise wenig genutzt. Ein Grund dafür dürfte sein, dass die Entwicklung und Konfiguration von Workflows recht aufwändig sind, und die entwickelten Lösungen wenig wartungsfreundlich sind.

Eine spannende Lösung für dieses Problem hat jetzt die Schweizer Firma solution-XS vorgestellt. Das Produkt XS-BPM ermöglicht es, Business Workflows mit Hilfe von BPMN zu entwickeln. Das System besteht aus einem BPMN-Modellierungstool, das auf dem itp Process Modeler basiert, dem XS-BPM Studio zur Detailspezifikation und Konfiguration der auszuführenden Einzeltasks, sowie einem Workflow-Dashboard zur Überwachung und Ausführung der Prozesse. Typischerweise definiert man zunächst die benötigten Bausteine, insbesondere Tasks, aber auch Ereignisse und Gateways, im XS-BPM Studio. Neben den aufzurufenden Transaktionen kapseln solche Bausteine auch Entscheidungslogik, Fehlerereignisse, Textbausteine und Benutzerdialoge. Die Bausteinbibliothek lässt sich in das Modellierungswerkzeug übertragen.

Ein solcher Baustein kann in der Modellierungsoberfläche z. B. aus einem Task mit verschiedenen bedingten Sequenzflüssen sowie angehefteten Zwischenereignissen bestehen. Verbindet man die entsprechenden Sequenzflüsse mit weiteren Bausteinen aus der Bibliothek zu einem vollständigen und korrekten BPMN-Modell, so kann das fertige Prozessmodell wieder in das XS-BPM Studio überspielt und von dort als Business Workflow ausgeführt werden. Neben den vordefinierten Bausteinen können auch beliebige andere BPMN-Elemente in den Prozessen verwendet werden. Diese müssen dann nach dem Prozess-Import im XS-BPM Studio weiter spezifiziert werden.

Normalerweise wird man nicht mit einem komplett leeren System beginnen, sondern eine vordefinierte Bausteinbibliothek verwenden. Eine solche Bibliothek liefert der Anbieter z. B. für Kreditorenprozesse. Weitere Lösungen für Krankenhausprozesse und das Supply Chain Management sind in Arbeit.

Laut Matthias Bickel von solution-XS lässt sich die Entwicklungszeit für Business Workflows drastisch reduzieren. Er weiß von Kundenworkshops zu berichten, bei denen morgens die Prozesse definiert wurden und bereits nach der Mittagspause die erste Version der Business Workflows im SAP-System ausgeführt werden konnte. Mit Hilfe der im Modellierungstool eingebauten Reportingfunktion lässt sich zudem eine Dokumentation der tatsächlich implementierten Prozesse generieren.

Unter der Haube arbeitet die Lösung mit einer XPDL-Repräsentation der BPMN-Prozesse. Diese wird nicht etwa in einen ausführbaren Workflow übersetzt, sondern von einem generischen Business Workflow interpretiert. Hierbei wird in einer Schleife jedesmal aufs Neue bestimmt, welche Aktivität als nächste ausgeführt werden soll.

Ich finde, das ist eine sehr elegante Lösung, die für viele SAP-Kunden interessant sein dürfte. Für die Modellierung werden die Möglichkeiten der BPMN konsequent genutzt, wobei die Nutzung von vordefinierten Bausteinen inkl. Ausnahmebehandlungen etc. sehr interessant ist und auch in anderen Systemen zu einer höheren Produktivität bei der Prozessmodellierung führen könnte.

Auch wenn Matthias Bickel die BPMN für eine gut geeignete Notation hält, so fehlen ihm im Standard dennoch einige Aspekte, die für die Ausführung im Business Workflow benötigt werden. So sind beispielsweise die Zuordnung von Bearbeitern oder das Format von Zeitangaben nicht klar geregelt. Interessanterweise hat die gewählte Art der Ausführung auch Auswirkungen auf den geeigneten Modellierungsstil. So ist es für XS-BPM günstiger, Entscheidungen mit Hilfe von bedingten Sequenzflüssen zu modellieren als mit Gateways. Ein Gateway ist vom vorangehenden Task getrennt, d. h. eine in diesem vorangehenden Task getroffene Entscheidung muss erst zwischengespeichert werden, um anschließend am Gateway ausgewertet zu werden. Bei einem bedingten Sequenzfluss kann der vorangehende Task unmittelbar den Folgetask bestimmen, wodurch der Zwischenschritt entfällt.