ADONIS:CE – Kostenloses BPA-Tool mit erstaunlichem Funktionsumfang

Heutzutage gehört es für die Hersteller von Modellierungstools ja fast schon zum guten Ton, eine kostenfreie Light-Version anzubieten. So gibt es beispielsweise eine Reihe von BPMN-Modellierern zum Download. Teilweise sind diese auch gar nicht schlecht, doch zumeist sind sie rein auf die Prozessmodellierung beschränkt. Möchte man die BPMN-Modelle mit Prozesslandkarten, Organigrammen u. ä. verknüpfen, genügen solche Tools nicht. Freien Tools, die mehrere Methoden anbieten, wie z. B. ARIS Express, fehlt dann aber das zugrunde liegende Repository, sodass es nicht so einfach möglich ist, zwischen den einzelnen Modellen zu navigieren und z. B. herauszufinden, an welchen Prozessen eine Organisationseinheit beteiligt ist.

Vor diesem Hintergrund erstaunt es, mit welch riesigem Funktionsumfang die kürzlich erschienene Version 2.0 der ADONIS Community Edition aufwartet. Bei diesem Tool handelt es sich tatsächlich um ein ausgewachsenes BPA-Tool (Business Process Analysis-Tool) mitsamt Repository, einem integrierten Methoden-Set – und kompletter BPMN 2.0-Abdeckung. Neben Prozessen und Kollaborationen sind auch die neuen Choreographie- und Konversationsdiagramme enthalten. Auch wenn die Modellierung mancher Sachverhalte anfangs möglicherweise etwas gewöhnungsbedürftig ist (so muss man etwa den Typ eines Ereignisses auf der zweiten Seite des als „Notebook“ bezeichneten Attributdialogs einstellen), gibt es doch eine Reihe von sehr gut gelösten Details. Beispielsweise lassen sich die Einzelheiten eines Unterprozesses jederzeit im übergeordneten Modell ein- und ausblenden. Die restlichen Objekte in diesem übergeordneten Modell machen dabei brav Platz und rutschen nach dem Zuklappen korrekt in ihre Ausgangsposition zurück. Das können nicht viele BPMN-Werkzeuge.

Die folgende Abbildung zeigt einige der Verknüpfungsmöglichkeiten für BPMN-Modelle (Quelle: BOC). Neben Prozesslandkarten („Company Map“), die als Wertschöpfungsketten dargestellt werden, finden sich nicht nur Organigramme, IT Landschaften, Use Case-Diagramme, Produkt- und Dokumentenmodelle, sondern auch die Verknüpfungen zu Risiken und Kontrollen, wie sie z. B. für den Aufbau eines Internen Kontrollsystems (IKS) erforderlich sind. Bei der Zuordnung zu Rollen und Organisationseinheiten können die verschiedenen Arten von Verantwortlichkeiten des RACI-Schemas (Responsible, Accountable, Consulted, Informed) angegeben werden. Wünschenswert wären hier vielleicht noch Datenmodelle oder UML Klassendiagramme sowie die Darstellung von Unternehmenszielen und Kennzahlen. Ansonsten sind die typischen Sichten einer Business Architektur recht gut abgedeckt. Und die Beziehungen zwischen den verschiedenen Objekten und Modellen lassen sich jederzeit nachvollziehen und auch über Reports auswerten.

Doch damit nicht genug: Auch die angebotenen Analyse- und Auswertungsfunktionalitäten brauchen sich nicht vor teuren Werkzeugen zu verstecken. Neben verschiedenen Konsistenzchecks und vordefinierten Abfragen gibt es z. B. auch die Möglichkeit, den Ablauf eines Prozessmodells zu animieren. Und schließlich ist sogar eine komplette dynamische Simulation der Modelle möglich. Da verwundert es nicht, dass sich auch umfangreiche Reports erstellen lassen und ein Web-Export mit umfangreichen Navigationsmöglichkeiten, Zoom etc. enthalten ist. Wahrscheinlich haben sich mir innerhalb weniger Stunden noch längst nicht alle Möglichkeiten des Werkzeugs erschlossen.

Wer BPMN-Modelle weiterverarbeiten will, etwa als Grundlage für die Ausführung durch eine Process Engine, wird wahrscheinlich einen Export im BPMN 2.0-Format vermissen. Es steht lediglich ein ADONIS-eigenes Format für Im- und Export zur Verfügung, sowie für BPMN 2.0-Modelle ein XPDL Export (aber kein XPDL Import). Als Einstiegshürde treten bei der Installation gelegentlich Probleme mit der verwendeten Datenbank Microsoft SQL Server auf. Wenn man bereits einen SQL Server auf dem System hat (oftmals durch ein anderes Programm im Hintergrund installiert), möchte ADONIS partout das Passwort für den Standarduser genannt bekommen, der aber oftmals gar nicht mit angelegt ist. Hier hilft eine Installation einer weiteren Instanz des SQL Server Express (die Installationsdatei lässt sich kostenlos bei Microsoft herunterladen). Mittlerweile gibt es auch eine Anleitung in der ADONIS Community, wie sich das Passwort einer vorhandenen Installation setzen lässt.

Trotz dieser Einschränkungen: Wer die Möglichkeiten eines umfassenden BPA-Tools erst einmal ohne große Investitionen ausprobieren möchte, für den ist ADONIS:CE eine gute Empfehlung. Die kommerzielle Version erweitert den genannten Funktions- und Methodenumfang noch einmal deutlich, so kann man seine eigenen Methoden konfigurieren, Reports durch eigene Skripte anreichern, usw. Für größere Projekte bietet sie echten Mehrbenutzerbetrieb und mehrsprachige Modellierung sowie eine Reihe von Schnittstellen zu Case Tools und Process Engines.

Link zum Download (Registrierung erforderlich).

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