Tagung BPM 2011

Tagungsgebäude der BPM 2011Im französischen Clermont-Ferrand in Frankreich trifft sich derzeit die wissenschaftliche Prozessmanagement-Community auf der BPM 2011. Eine gute Gelegenheit, um sich einen Überblick zu verschaffen, an welchen Themen derzeit geforscht wird. Unter „BPM“ wird hier übrigens ausschließlich das „technische“, IT-bezogene Prozessmanagement verstanden. Vorträge über strategische oder organisatorische Fragestellungen sucht man hier vergebens. Auch in der Wissenschaft scheint die Kluft zwischen Business und IT unverändert breit zu sein. Immerhin wird zumindest auf der IT-Seite fleißig geforscht. Die 22 auf der Konferenz vorgestellten Forschungsarbeiten waren aus über 150 Einreichungen ausgewählt worden.

Den eröffnenden Vortrag hielt David Harel vom israelischen Weizmann Institute of Science. Vielen Informatikern dürfte er aufgrund der von ihm entwickelten Zustandsdiagramme bekannt sein. Er stellte seine Forschungen zum „Behavioral Programming“ vor. Ziel ist es, die mühsame Spezifikation von Anforderungen und die ebenso mühsame Umsetzung in Programmcode überflüssig zu machen. Dies kann man sich beispielsweise so vorstellen, dass Benutzer ihre Abläufe an einer noch nicht funktionsfähigen Oberfläche durchspielen und in natürlicher Sprache beschreiben, was jeweils passieren soll. Auch wenn Harel keinen direkten Bezug zum Tagungsthema BPM herstellte, ist es dennoch ein interessanter Ansatz, der leider noch keine Umsetzung in kommerzielle Produkte erfuhr.

Eine Reihe von Vorträgen beschäftigte sich mit dem Thema Business Process Monitoring, u. a. mit der Frage wie man Abweichungen von Standardprozessen und die Verletzung von Regeln und Bedingungen automatisch erkennen kann. Als Alternative zur herkömmlichen Ablaufmodellierung wurde die Spezifikation von Geschäftsprozessen mit Hilfe von Artefakten, d. h. den bearbeiteten Business-Objekten, vorgeschlagen. Regeln, Bedingungen, Aktionen usw. werden mit diesen Artefakten verknüpft. Abhängig vom Zustand eines Business-Objekts können jeweils bestimmte Aktionen ausgeführt werden.

Ein Vortragsblock war der industriellen Forschung gewidmet. Hier stellten Hersteller von BPM-Systemen verschiedene Projekte vor, beispielsweise ein System, bei dem der in einem Prozess jeweils als nächstes auszuführende Schritt nicht fest vorgegeben ist. Stattdessen wird von den Beteiligten situativ entschieden, was als nächstes zu tun ist. Das System macht auf Basis der bisher durchgeführten Prozesse Vorschläge für den voraussichtlich am besten geeigneten nächsten Schritt und seinen Bearbeiter. Die technische Service-Einheit von HP bekommt täglich 82.000 Support-Anfragen, deren Bearbeitung auf diese Weise beschleunigt werden kann. Ein Vortrag von IBM beschäftigte sich mit der Identifikation von Prozessvariationen bei ihrer eigenen Angebotsbearbeitung als Grundlage für eine Standardisierung dieses Prozesses.

Ganz unterschiedliche Projekte wurden zum Thema „People-Centered Business Processes“ vorgestellt, u. a. ein Crowdsourcing-Ansatz, bei dem der am besten geeignete Akteur über Auktionen ermittelt wird. Beim Crowdsourcing werden benötigte Arbeiten über das Internet an nicht näher bekannte Personen verteilt, die die jeweilige Aufgabe dann für den Auftraggeber auf einer Webplattform erledigen. Mit Hilfe der vorgestellten Methode kann die Eignung der jeweiligen Person aufgrund früherer Tätigkeiten abgeschätzt werden. Ein anderes Thema war die Frage, wie man Modellierungstools intelligenter mit Wikis verbinden kann, um hierdurch die kollaborative Dokumentation der Prozessmodelle besser zu unterstützen.