Schneidern Sie sich eine Process App mit dem Process Tailor

Process Tailor„To tailor“ bedeutet „maßschneidern“. Mit dem „Process Tailor“ der Firma Scheer Management kann man Prozessmodelle maßschneidern. Legt ein Unternehmen beispielsweise einen Standardprozess für die Einstellung neuer Mitarbeiter fest, dann können die verschiedenen Landesgesellschaften diesen Standardprozess zurechtschneiden, um ihn an ihre speziellen Anforderungen und Gegebenheiten anpassen. Die entstehenden Varianten stehen nach wie vor in Beziehung zueinander, und bei einer Änderung des Standardprozesses können die maßgeschneiderten Varianten mit Hilfe eines automatischen Vergleichs leicht angepasst werden. Das ist sicherlich ein nützliches Feature für ein Modellierungstool, allerdings noch nichts Spektakuläres.

Anders als der Name vermuten lässt, ist das Interessanteste am Process Tailor gar nicht die Tailoringfunktionalität selbst, sondern die Möglichkeit, Process Apps zu erstellen, mit denen man die Prozesse auch ausführen kann. Nun gibt es natürlich schon jede Menge Business Process Management-Systeme (BPMS) auf dem Markt, mit denen man Prozesse ausführen kann, doch unterscheidet sich der Process Appp-Ansatz stark von herkömmlichen BPMS.

Als hauptsächlich genutzte Darstellung kommen keine herkömmlichen EPKs oder BPMN-Modelle zum Einsatz, sondern eine eigene Notation. Darin steht nicht die detaillierte Ablauflogik im Vordergrund, sondern vor allem die Verbindung zu den verschiedenen Rollen, Organisationseinheiten und Daten. Daraus lassen sich automatisch verschiedene andere Darstellungen erzeugen, wie z. B. EPK-Modelle oder eine RACI-Matrix. Die komplette Definition des ausführbaren Prozesses erfolgt durch Modelle. Auch die im Prozess verarbeiteten Datenstrukturen und Rollenzuordnungen werden vollständig durch Modelle beschrieben, ebenso wie die Formulare der Benutzungsoberfläche. Viele typische formularbasierte Abläufe und Case Management-Anwendungen lassen sich praktisch komplett ohne Codierung erstellen.

Zu Beginn ist die Notation zumindest für Modellierer, die bisher mit EPK oder BPMN gearbeitet haben, recht gewöhnungsbedürftig. Sie lässt sehr viele Freiheitsgrade – ähnlich wie eine Darstellung in Powerpoint, bei der es ja auch keine Einschränkungen gibt. Trotzdem sind die Modelle ausführbar. Hierbei muss die verwendete Engine die Intention, die der Modellierer bei der Verwendung der recht freien Notation hatte, in gewisser Weise interpretieren. Das bedeutet umgekehrt, dass man zumindest unerfahrene Modellierer beim Modellieren u. U. nicht genau wissen, wie die Process Engine ihr Modell ausführt. Das dürfte sich mit einer gewissen Erfahrung bessern. Dennoch kann man sich fragen, ob diese Notation schon die bestmögliche Lösung darstellt. Zwar kann man auch EPKs oder BPMN verwenden, doch stehen hierbei nicht alle Konfigurationsmöglichkeiten der proprietären Notation zur Verfügung, so dass sie nicht komplett als Alternative verwendet werden können.

Bei der Prozessdurchführung werden die Modellstrukturen direkt ausgeführt, es findet keine wie auch immer geartete Transformation oder Code-Generierung statt. Damit gibt es keinen Unterschied mehr zwischen Modell und Anwendung. Modelländerungen können sofort umgesetzt werden. Gespeichert werden die Modelle in einer Big Table-Datenbank. Zugleich werden dort aber auch alle bei der Prozessausführung entstehenden Bewegungsdaten gespeichert – sowohl die Daten der Prozessinstanzen (wie Start- und Endzeitpunkte, Bearbeiter u. ä.), als auch die darin verarbeiteten Nutzdaten (wie z. B. Aufträge). Hierdurch werden umfassende Analysen sehr leicht möglich, die u. a. mit Hilfe eines eingebauten Dashboards visualisiert werden können. Auch nach der Änderung eines Prozesses bleiben die Daten der vorhergehenden Prozessausführungen mit dem Prozessmodell verknüpft. Somit werden auch Auswertungen über Prozessänderungen hinweg erleichtert.

Jeder Prozess wird automatisch auch als Web Service zur Verfügung gestellt, was die Integration mit anderen Systemen erleichtert. Die Anbindung anderer Backend-Systeme kann einerseits im Process Tailor selbst vorgenommen werden, andererseits – bei komplexen Integrationsszenarien – mit Hilfe der vom Schwesterunternehmen E2E entwickelten E2E-Bridge erfolgen.

Der Process Tailor wird primär als Cloud-Lösung betrieben, doch auch Installationen beim Kunden werden angeboten. Neben dem Browser-Zugriff ist auch eine Nutzung in Form von Smartphone- bzw. Tablet-Apps möglich. Ist das Mobilgerät einmal nicht mit dem Internet verbunden, kann man dennoch offline weiterarbeiten.

Geeignete Anwendungsfälle für Process Apps sind formularbasierte, mitarbeiterzentrierte Workflows, insbesondere auch Ad-hoc Workflows mit vielen Freiheitsgraden. Typische Beispiele sind Antrags- und Freigabeprozesse, Innovations- und Ideenmanagement, Stammdatenpflegeprozesse, oder die Einstellung neuer Mitarbeiter.

Scheer Management bietet auch bereits fertige Anwendungen auf Basis des Process Tailors an. Bislang sind Lösungen für die Beschaffung und für das Compliance Management lieferbar. Das Gute daran: Da diese Lösungen ebenfalls komplett modellbasiert sind, lassen sie sich auch sehr leicht durch Tailoring an die eigenen Anforderungen anpassen.