Weg mit den Prozessmodellen?

Vor einigen Tagen stolperte ich über einen Blog-Beitrag mit dem Titel „Time to Stop Using Business Process Models“ . Diese provokative Aufforderung stammt nicht von irgendwem, sondern von dem recht bekannten BPM-Experten Keith Swenson, der unter anderem bei der Workflow Management Coalition (WFMC) an zahlreichen BPM-Standards mitgewirkt hat. Er hat zahlreiche Bücher veröffentlicht, darunter viel beachtete Werke zum Thema „Adaptive Case Management“ (ACM).

Der Beitrag war der Auftakt zu einer ganzen Reihe von Blog-Posts mit Auszügen aus einem neuen Buch, das demnächst erscheinen wird. In den bisher erschienenen Posts argumentiert er, dass die heute verwendeten Modelle zu starr sind und daher Veränderungen verhindern. Letztlich sei ein Prozessmodell nicht viel anders als ein Computerprogramm. Einfache grafische Modelle seien zwar leichter verständlich als Computercode, doch ab einer gewissen Größe und Komplexität gehe der Vorteil der Übersichtlichkeit verloren.

Geht es um Abläufe, die zu großen Teilen von Menschen ausgeführt werden, seien die Ablaufdiagramme nicht in der Lage, die subtilen Feinheiten menschlicher Interaktionen zu berücksichtigen. Die Entwicklung der Standardnotation BPMN sei zwar eine gute Idee, doch sei sie zu einseitig auf automatisierte Prozesse ausgerichtet. Menschliche Aufgaben werden genauso wie automatisierte Aktivitäten behandelt.

Details zu der von Swenson entwickelten Alternative „Emergent Synthetic Processes“ wurden in den drei bisher erschienenen Posts noch nicht enthüllt, doch soll wohl für jede Prozessinstanz ein individueller Ablauf möglich sein. Weitere Hinweise finden sich auf der Webseite zum Buch: Es handelt sich um einen dezentralen Ansatz, bei dem die Prozessmodelle zur Laufzeit aus Service-Beschreibungen erzeugt werden.

Man darf gespannt sein auf die weiteren Beiträge und das Erscheinen des Buchs im April.