BPM-Suiten trotzten der Krise

Während die meisten Softwarehersteller es in der vergangenen Wirtschaftskrise schwer hatten, konnten sich BPMS-Hersteller gut behaupten. Das berichtet Forrester in ihrer neu erschienen Marktanalyse. BPMS werden als Werkzeuge angesehen um die Produktivität zu steigern und Kosten zu senken. Gerade die stark von der Krise betroffene Branchen zählen zu den eifrigsten Nutzern, allen voran die Finanzdienstleister. BPMS werden aber auch eingesetzt, um die weiter steigenden Compliance-Anforderungen besser erfüllen zu können.

Zunehmend betrachten Anwender BPMS und modellbasierte Ansätze als eine Alternative zur hekömmlichen Software-Entwicklung. Hierbei spielen vor allem die erwartete Flexibilität und Anpassungsfähigkeit eine wichtige Rolle. Diese Nutzenpotenziale werden insbesondere deswegen erkannt, weil die Unternehmen heute nicht mehr nur die Entwicklungskosten vergleichen, sondern den gesamten Lebenszyklus betrachten. Bei der Auswahl von BPMS wird verstärkt darauf geachtet, dass das System zu den individuellen Anforderungen passt. Daher besteht eine verstärkte Nachfrage nach vorgefertigten Prozessen für bestimmte Branchen.

BPMS-Hersteller haben seit langem versprochen, die Lücke zwischen Business und IT zu schließen und alle Stakeholder gleichermaßen an der Prozess-Entwicklung und Implementierung zu beteiligen. Nach langem Warten seien sie jetzt tatsächlich in der Lage, dieses Versprechen zu erfüllen. Neben den eher technisch ausgerichteten Entwickler-Tools verfügen die BPM-Suiten heute auch über Werkzeuge für Business Analysten, Manager und Anwender.

Auch im vergangenen Jahr gab es weitere Firmenübernahmen im BPMS-Markt (z. B. Lombardi durch IBM und IDS Scheer durch Software AG). Hierdurch wächst die Funktionsvielfalt bei den großen Anbietern. Allerdings wird damit der Überblick über das Softwareportfolio der einzelnen Hersteller schwieriger, und häufig gibt es Probleme, die neu zugekauften Produkte mit den bisherigen Produkten zu integrieren. Dennoch finden sich gelungene Kombinationen aus Prozesssteuerung, Business Rules Management, Complex Event Management, mit denen sich adaptive Lösungen realisieren lassen. Verstärkt wird auf Benutzerfreundlichkeit und Kundenorientierung bei den BPMS-basierten Lösungen geachtet, und auch herkömmliche Standardsoftware erhält zunehmend BPMS-Funktionalitäten. Weitere Trends sind „Social BPM“, d. h. die Kombination von BPMS und Web 2.0-Funktionalitäten, gehostete BPMS („BPM-as-a-service“) als kostengünstige Einstiegslösungen, eine verbesserte Unterstützung eines durchgängigen Datenmanagements, und die Nutzung von BPMN 2.0 zur verbesserten Kommunikation verschiedener Prozessteams.

In den vergangenen Jahren hatte Forrester drei unterschiedliche BPMS-Kategorien untersucht: „Human-centric“, „Integration-centric“ und „Document-centric“.  Der diesjährige Report bezieht sich ausschließlich auf den Bereich der „Human-centric BPMS“, denn die anderen beiden BPMS-Typen hätten sich zu eigenen Software-Kategorien entwickelt. Die „Integration-centric“ BPMS seien zu umfassenden SOA-basierten Integrationsplattformen gewachsen, „Document-centric“ BPMS hätten sich hingegen zu dynamischen Case-Management-Systemen entwickelt. Allerdings verfügen auch die „Human-centric BPMS“ über Integrations- und Case-Management-Funktionalitäten, so dass man zum Thema BPMS künftig wohl drei Forrester-Reports lesen muss. Die elf bewerteten Systeme sind allesamt als recht leitungsfähig beurteilt worden. Die Nase vorne hat Pegasystems, gefolgt von Appian, IBM, Software AG und Metastorm.

Der Report „The Forrester Wave: Business Process Management Suites, Q3 2010“ kann auf der Appian-Website heruntergeladen werden (Registrierung erforderlich).

3 Gedanken zu „BPM-Suiten trotzten der Krise“

  1. Die Studie von Forrester ist insofern interessant, als dass es den Anschein hat, dass die seitens der WfMC-Vordenker proklamierte BPM-Revolution mit Adaptive Case Management übersehen wird. Die Dreiteilung von Workflow Engines in Human-, Integration- und Document-centric ist in meinen Augen völlig überholt. Es macht keinen Sinn, denn in der Regel werden die Funktionen aller benötigt. Gartner scheint mir da den richtigeren Ansatz zu haben, in dem im letzten Jahr das Document bzw. Content Management als Teil der BPM-Suiten definiert wurde. Ähnlich wie AIIM hergeht und BPM als Teil von Enterprise Content Management. Welchen Sinn macht es, nur Prozesse zu steuern ohne den darin bewegten Content mitzubeachten. Zumal unter der erwähnte Anforderung von Compliance die Sicht auf den unveränderbaren, sprich datensicheren Inhalt ein kritischer Punkt ist.

  2. Forrester sieht Adaptive Case Management-Systeme als Weiterentwicklung der Document-centric BPMS. Das scheint mir in der Tat etwas kurz gesprungen zu sein, denn einerseits gibt es auch ziemlich viele strukturierte Prozesse im Dokumentenmanagement, zum anderen sollte es das Ziel sein, eine durchgängige Prozessunterstützung für schwach strukturierte Prozesse (Case Management) und stark strukturierte Prozesse zu erreichen. Daher kann ich nur zustimmen, dass diese drei Kategorien wohl eher zusammenwachsen als sich weiter voneinander zu trennen, wie die Aufteilung in drei Reports suggeriert.

    Für die Analysten wird das Leben dadurch nicht einfacher, denn plötzlich hat man eine große Zahl von Anbietern im gleichen Segment, deren Systeme sich aber im Einzelnen schon stark voneinander unterscheiden können. Eine plakative Trennung in Schubladen geht dann nicht mehr, und auch die Platzierung in den diversen Quadranten verliert weiter an Aussagekraft.

    Damit wird natürlich auch für die Anwender der Auswahlprozess schwieriger – was andererseits die Analysten freuen dürfte, die dann verstärkt um Rat gefragt werden.

    Der schlechteste Fall wäre es aber, wenn sich Adaptive Case Management-Systeme tatsächlich als eine ganz eigene Software-Kategorie etablieren würde. Dann müssten die Anwender die verschiedenen Systeme selbst integrieren um Prozesse zu unterstützen, die Fallmanagement-Eigenschaften aufweisen und zugleich mit strukturierten Prozessen interagieren.

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