Muster für gute Prozessmodelle

Im Zuge der Debatte um die kürzlich vorgeschlagene Einteilung der BPMN-Modellierungskonstrukte für unterschiedliche Zwecke sorgte insbesondere die Benennung „DODAF“ (Department of Defense Architecture Framework) für eine der Element-Klassen für einige Kritik. Unabhängig von der Benennung, für die hoffentlich noch eine andere Lösung gefunden wird, ist es jedoch interessant, welcher Ansatz hinter dieser speziellen Auswahl an BPMN-Elementen steht. Er wird in diesem Blogbeitrag und dem dort verlinkten Paper von Michael zur Muehlen beschrieben, auf die er freundlicherweise in seinem Kommentar hingewiesen hat.

Bei DODAF handelt es sich um ein Framework für Unternehmensarchitekturen des US-Verteidigungsministeriums, das jedoch auch bei anderen Behörden und Unternehmen eingesetzt wird. In einem solchen Framework spielen Prozesse natürlich eine wichtige Rolle, doch gibt DODAF keine konkrete Methodik und Notation für die Prozessmodellierung vor. Es liegt nahe, hierfür BPMN als Standard einzusetzen. Dabei ist es erforderlich, die verwendeten Modellelemente auf das DODAF-Metamodell abzubilden.

Im Rahmen des vorgestellten Projektes werden Richtlinien für die BPMN-Modellierung im Rahmen des DODAF-Einsatzes entwickelt. Hierfür wurden zunächst diejenigen Elemente der BPMN identifiziert, die auf den Ebenen der Anforderungsdefinition und des Systems Engineering benötigt werden.

Neben dieser Auswahl, die – wie oben erwähnt – möglicherweise Eingang in den BPMN-Standard finden könnte, geht es in dem Projekt aber noch um wesentlich mehr. Die Richtlinien sollen bei der Erstellung guter und einheitlicher Modelle helfen. Hierzu gehört zunächst die durchgängige Verwendung der selben Modellierungsebenen. Es werden drei Ebenen vorgeschlagen:

  1. Handoffs
    Auf der obersten Ebene finden zwischen den Aktivitäten Übergaben zwischen Prozessbeteiligten statt, oder es werden zentrale Meilensteine im Prozess erreicht.
  2. Milestones
    Die einzelnen Aktivitäten der zweiten Ebene führen zu messbaren Zustandsänderungen im Gesamtprozess. Weiterhin sind wichtige Nachrichtenflüsse modelliert.
  3. Procedures
    Dies ist die unterste Stufe mit einzelnen Tasks und detaillierten Nachrichtenflüssen.

Als Hilfe für die Modellierung werden außerdem eine Reihe von Modellierungsmustern (Patterns) bereit gestellt. Im Zusammenhang mit der Prozessmodellierung sind vor allem die Workflow Patterns von van der Aalst bekannt. Eine Reihe dieser Muster wird auch im vorliegenden Kontext verwendet. Hierbei handelt es sich um sehr grundlegende Muster, wie z. B. die Modellierung exklusiver Verzweigungen oder die Zusammenführung paralleler Pfade. Die Modellierung dieser Basismuster mit BPMN ist nicht weiter schwierig. Ziel ist es, eine einheitliche Anwendung zu erreichen. So werden z. B. exklusive Verzweigungen stets mittels Gateway mit einem „X“-Symbol modelliert, nicht jedoch mit einem unausgefüllten Gateway-Symbol oder bedingten Sequenzflüssen.

Wesentlich interessanter sind die im Rahmen des Projektes entwickelten höherwertigen Prozessmuster. Sie stellen dar, wie sich komplexere Sachverhalte modellieren lassen. Da es in der Praxis viele Varianten geben kann, stellen sie keine starren Vorgaben sondern Empfehlungen dar, die jeweils an die konkret zu modellierende Situation angepasst werden können. Beispiele sind die Modellierung einer Wahl bzw. Abstimmung oder des gemeinsamen Verfassens eines Dokumentes.

Bei genauer Betrachtung stellt man allerdings fest, dass manche dieser Muster ebenfalls noch recht grundlegend sind, z. B. die Modellierung eines Datenflusses oder mehrfache Start- oder Endereignisse in einem Prozess. Weitere vorgeschlagene Muster sind recht technischer Natur, wie z. B. Multiplexing oder De-Multiplexing, wo viele Nachrichten gesammelt weitergegeben bzw. eine Nachricht in viele Einzelnachrichten aufgesplittet wird. Von daher wäre es sicherlich nützlich, einige einfache Muster den Basismustern zuzuordnen und die höherwertigen Muster evtl. in fachliche und technische Muster aufzuteilen.

Insgesamt stellt die Entwicklung praxisorientierter Muster auf jeden Fall einen erfolgversprechenden Weg dar, die Handhabung der BPMN zu erleichtern und für einheitliche und qualitativ hochwertige Modelle zu sorgen. Wünschenswert wären noch mehr fachliche höherwertige Muster. Möglicherweise finden sich einige weitere in der angekündigten Neufassung des Papers. Zudem ist die Entwicklung derartiger Muster nicht nur Sache eines Projektes, sondern eine dauerhafte Aufgabe für die gesamte BPMN-Community.

2 Gedanken zu „Muster für gute Prozessmodelle“

  1. Die Namensgebung fuer diese Subklasse von Objekten ist wirklich nicht gluecklich und ich zweifle, dass dies fuer beide Seiten von Vorteil sein wird. Wenn ich die Entwicklung des DoDAF-Frameworks betrachte ist naemlich genau das Fehlen von grafischen Vorgaben einer der wesentlichen Neuerungen in DoDAF 2.0 – das Matra waehrend der Entwicklung war „Fit for Purpose“ und der Schwerpunkt liegt auf der unterliegenden Datenstruktur und gerade nicht in der Standardisierung der Grafik (auch wenn das m.E. durchaus an sich schon ein Vorteil im Sinne der Verstaendlichkeit zwischen Nutzern aus verschiedenen Agencies ist).

    Ich hoffe jedoch, dass aufgrund der weltweiten Unkenntnis dieses Frameworks (man erinnere sich daran, dass R. Shapiro in seiner Vorstellung den Unterschied zwischen den Architecture Frameworks DoDAF und TOGAF nicht kannte, was er sicherlich mittlerweise tut ;-), die Namensgebung wieder geaendert wird.

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