Neuauflage BPMN Method & Style

Bruce Silver hat sein beliebtes BPMN-Buch umfassend überarbeitet. In die Neuauflage von BPMN Method and Style (Anzeige) flossen einerseits Erfahrungen aus den BPMN-Kursen des Autors ein, andererseits ist zwischenzeitlich die Endfassung der BPMN 2.0 erschienen. Silver hat selbst an der neuen Spezifikation mitgearbeitet. Einige der Ideen aus seinem Buch wurden auch in den offiziellen Standard übernommen, insbesondere die Einteilung der BPMN-Sprachelemente in verschiedene Klassen für unterschiedliche Modellierungszwecke. So umfasst die BPMN-Palette für die deskriptive Prozessmodellierung die recht einfachen Elemente, die in Silvers Methodik für das Modellierungs-Level 1 verwendet werden. Wesentlich umfangreicher ist die Modellierungpalette für die analytische Modellierung oder das Level 2.

Die grafische Notation selbst hat gegenüber Version 1.2 nicht viele Änderungen erfahren. Größere Neuerungen stellen vielmehr die Einführung des Metamodells, das standardisierte Austauschformat und die Ausführungssemantik für Process Engines dar. Entsprechend umfasst das Buch zwei Teile: Der erste Teil befasst sich mit der grafischen Notation. Hier finden sich auch viele Inhalte aus der ersten Auflage wieder. Der zweite Teil, der komplett neu geschrieben wurde, behandelt vor allem den XML-basierten Austausch von beschreibenden und ausführbaren Modellen. Entsprechend richtet sich der erste Teil an alle BPMN-Nutzer, der zweite Teil hingegen vor allem an Hersteller von Modellierungswerkzeugen und Process Engines. Die z. T. umfangreichen XML-Beispiele sind für normale Modellierer wenig hilfreich. Sie können die Lektüre daher getrost in der Mitte des Buches beenden.

Im ersten Teil hingegen erklärt der Autor nicht nur die einzelnen Konstrukte der BPMN, sondern erläutert auch seine Methoden- und Stil-Regeln, die dazu beitragen sollen, möglichst eindeutige und verständliche Modelle zu erstellen. Die BPMN-Spezifikation gibt eben keine Hinweise, wie man gute Modelle entwickelt. Die im Buch vorgestellte Methodik erweitert daher die BPMN um geeignete Modellierungskonventionen. Silver legt dabei vor allem Wert darauf, dass ein Diagramm keinen Interpretationsspielraum lässt, sondern den betreffenden Prozess eindeutig beschreibt. Außerdem soll die Grafik die Prozesslogik so komplett beschreiben, dass sie auch ohne zusätzliche Erläuterungen oder in Attributen versteckte Details genutzt werden kann.

Da die Regeln der BPMN quer durch die gesamte Spezifikation verstreut sind, dürften auch erfahrene BPMN-Modellierer davon profitieren, dass die wichtigsten Modellierungsregeln in einem eigenen Kapitel als zusammenhängende Liste zusammengefasst sind. Auch Silvers Erweiterungen – die im übrigen völlig konsistent mit dem Standard sind und lediglich die geeignete Anwendung der Spezifikation regeln – werden hier nochmals übersichtlich aufgeführt.

Bewusst behandelt Silver nicht den gesamten Sprachumfang, sondern nur die aus seiner Sicht relevanten Teile der BPMN. So fehlen die in der BPMN 2.0 hinzugekommenen Choreographie- und Kollaborationsdiagramme komplett, die auch in der Praxis bislang keine so große Verbreitung gefunden haben. Etwas kurz geraten ist die Erläuterung für welche Zwecke die beiden Modellierungs-Level jeweils eingesetzt werden sollten. Hier wird man als Modellierer ein wenig alleine gelassen. Im Gegensatz zur ersten Auflage wird das etwas umfangreichere Beispiel eines Autoverkaufs auch nur noch für das Level 1 ausgeführt. Die etwas unübersichtlich geratenen Level 2-Diagramme dieses Beispiels fehlen nun komplett, so dass nicht ganz klar wird, wie man für dieses Level das angestrebte Ziel der guten Verständlichkeit erreicht.

Trotz dieser Einschränkungen ist zumindest der erste Teil für jeden uneingeschränkt empfehlenswert, der sich ernsthaft mit der BPMN auseinandersetzen möchte.


Silver, Bruce:
BPMN Method & Style. With BPMN Implementer’s Guide.
2nd Edition
Cody-Cassidy Press 2011
Das Buch bei amazon (Anzeige)

4 Gedanken zu „Neuauflage BPMN Method & Style“

  1. Hallo Herr Allweyer,

    vielen Dank für diese (für mich) sehr interessante Buchvostellung. Vor allem der „Syleguide“ und die Einteilung in Klassen stellen sicher einen wertvollen Beitrag für die GPM-Welt dar.

    Gerade die Reduzierung der BPMN-Elemente je nach Modellierungszweck scheint ja gemeinhin ein recht weit verbreiteter Usus zu sein, Herrn Silvers Vorschläge hierzu reizen mich sehr. Leider kann ich mich vor BPMN-Lektüre kaum noch retten, kann man diesen speziellen Teil vielleicht auch im Web nachlesen?

    Mit freundlichen Grüßen,

    C. Reutter

  2. Hallo Herr Reuter,

    viele Informationen finden Sie in Bruce Silvers Blog. Beispielsweise eine frühe Zusammenstellung der Modellierungsregeln:
    http://www.brsilver.com/2010/09/28/the-rules-of-bpmn/

    Die Einteilung der Modellierungselemente entspricht der, die sich auch in der BPMN 2.0-Spezifikation findet (insbesondere die Descriptive und die Analytic Process Modeling Subclass).

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